Rezensionen von büchern zum karmapa konflikt (Stephan kulle/mick Brown)
Die deutsche Besprechung von Mick Browns Buch: "Dance of 17 Lives" (Der Tanz von 17 Leben Die unglaubliche wahre Geschichte von Tibets 17. Karmapa ) finden Sie unter http://tanz-von-17-leben-rezension.weebly.com/
stephan_kulle_karmapa_der_neue_stern_von_tibet.pdf | |
File Size: | 177 kb |
File Type: |
Rezension:
Stephan Kulle: Karmapa – der neue Stern von Tibet
Ich habe mir vor ein paar Tagen Stephan Kulles Buch „Karmapa“ über die eine Inkarnation des 17. Karmapa gekauft. Ich war zuerst neugierig, und das Buch begann auch recht informativ. Doch bald wurde ich schon enttäuscht – indem Moment als Kulle auf die „Karmapa-Kontroverse“ zu sprechen kam: Es gibt 2 Reinkarnationen des 16. Karmapa, dies zog leider auch eine sehr stark polemische Kontroverse nach sich, wer denn von beiden die „richtige“ sei. Leider gibt Herr Kulle fast ausschließlich den Standpunkt der Anhänger des 17. Karmapa Ugyen Trinley wieder, anscheinend ohne die Meinung der „anderen Seite“, die Karmapa Thaye Dorje folgen, eingeholt zu haben. Standpunkt heißt in diesem Fall leider eine Sichtweise, die in ganz und gar nicht buddhistischer Weise das Gegenüber diffamiert und als inkompetent darstellt. Als Journalist hätte Kulle also entweder ausgewogen berichten müssen – oder schlicht und ergreifend sich der Polemik enthalten sollen. Schließlich ist jeder frei, dem Karmapa zu folgen, der ihn inspiriert, und so hätte Kulle nicht denjenigen schlecht machen, der den anderen Karmapa fand und inthronisierte, schon gar nicht, wenn sie nach der inhärenten Logik der Karma-Kagyü Schule die Befugnis dazu hatte: Shamarpa, der Karmapa Thaye Dorje fand, ist seit 800 Jahren die Nummer 2 dieser Linie des tibetischen Buddhismus. Dabei stützte er sich hauptsächlich auf Mick Browns Buch „Tanz von 17 Leben“, dessen deutsche Fassung in Vorbereitung ist. Natürlich konnte er nicht wissen, wie das Buch Mick Browns entstanden ist: Naomi Levine war seine maßgebliche Quelle der Information, wie Brown selbst in den Danksagungen schreibt, und sie ist sehr der Szene um Karmapa Ugyen Trinle verbunden, also sicherlich keine objektive Quelle.
Also:
Kulle hat sich also nicht ausreichend mit dem Standpunkt der Anhänger Karmapa Thaye Dorjes befasst. Er hat sicher weder Erik Currens Buch „Buddha's Not Smiling“ noch Sylvia Wongs Buch „Karmapa Prophecies“ gelesen.
Zum Hintergrund:
Nach dem Tod des 16. Karmapa 1981 wurde lange Zeit kein 17. Karmapa gefunden. Die Regentschaft des 16. Karmapa übernahmen seine vier „Herzenssöhne“ Shamar, Situ, Jamgön Kongtrül und Gyaltsab Rinpoche. Traditionell ist, wie wir bereits angesprochen haben und noch genauer sehen werden, Shamarpa die Nummer 2 der Linie, gleich nach Karmapa und Situ Rinpoche die Nummer drei. Was natürlich nicht heißt, dass der eine naturgemäß mehr recht hat als der andere. Zumindest für Menschen aus dem Westen nicht. 1992 fand Situpa den 17. Karmapa Ugyen Trinle anhand eines Prophezeiungsbriefes, deren Authentizität Shamarpa bezweifelte, zumal er mit Hilfe hochrealisierter Meister bereits den 17. Karmapa Thaye Dorje gefunden hatte. Situpa fand die Unterstützung von Gyaltsab, ob Jamgön Kongtrül gänzlich überzeugt war, dass der Prophezeiungsbrief authentisch sei, ist heute umstritten. Zumindest war er bereit, sich an der Suche nach dem im Brief genannten Kind zu beteiligen. Leider kam er bei einem Autounfall um's Leben. Ohne das Wissen Shamarpas wurden nun Vertraute Situpas und Gyaltsabpas nach Tibet geschickt, die auch einen Nomadenjungen fanden, auf den die Beschreibung des Prophezeiungsbriefes zutraf.1 Situpa kontaktierte den Dalai Lama, dem er erzählte, man hätte die Wiedergeburt des 16. Karmapa gefunden und die anderen beiden verbliebenen Herzenssöhne seien mit der Wahl einverstanden – was nicht stimmte, da Shamarpa dies weiterhin nicht war. Der Dalai Lama gab seine Zustimmung, womit für viele in der tibetischen Gemeinde ebenso wie im Westen feststand, dass Ugyen Trinle der authentische Karmapa sei. Allerdings hat, wie wir sehen werden, der Dalai Lama gar keine Befugnis die Karmapas anzuerkennen, bzw. wenn, dann eine rein politische. Bereits das Büro seines Vorgängers – wenn nicht der 13. Dalai lama selbst – anerkannte einen falschen Jungen als 16. Karmapa, der allerdings starb, sodass der echte 16. Karmapa inthronisiert werden konnte.
Da alles recht verwirrend ist, rate ich erst mal zur Lektüre von: http://de.wikipedia.org/wiki/Karmapa-Konflikt
der die Standpunkte der Anhänger beider Karmapas darlegt, sowie
http://materialien-karmapa-kontroverse.weebly.com/chronologie-der-ereignisse.html
Nun zum Buch...
Kulle beginnt schon recht früh in dem Buch, Unwahrheiten über den zweiten in der Hierachie der Krama-Kagyü-Linie, Shamarpa, zu schreiben, den er als machtbesessenen Menschen sieht:
„Er war der einzige der Linie, der sich in früheren Jahrhunderten auch politisch betätigt hat.
(...)
In den Worten des heutigen Shamarpa: „Die Karmapas betätigten sich traditionellerweise nicht politisch, daher was es die verantwortung der Shamarpas, politische Verantwortung zu übernehmen (…) Der Fünfte, Sechste, Achte und Zehnte Shamarpa betätigten sich politisch!“2 Aber er war bestimmt nicht der einzige! Beispielsweise schlug der Fünfte Tai Situpa, Gelek Palzang (1586-1657) dem 1642 aus Tibet vertriebenen und über ein Jahrzehnt später nach Tsurphu zurückgekehrten 10. Karmapa sogar vor, sich als Chinesischer Kaiser zu reinkarnieren, um so Unterstützung für die von den Gelukpas geschwächte Karma-Kagyü Schule zu bieten. Karmapa lehnte ab... Und das ist nur ein Beispiel unter vielen. Religion und Politik war überall in Tibet stark verworben. Löbliche Ausnahmen sind die Karmapas sowie große Meister und Yogis wie jene, die in Tulku Ugyens inspirierendem Buch „Blazing Splendor“ beschrieben sind.
Nun zu den Anschuldigungen gegen Sharmapa
Shamarpa war tatsächlich ein Lehrer des Königs von Tsang, weswegen er manchmal für dessen Angriff auf Lhasa im 17. Jahrhundert mitverantwortlich gemacht wird. Der 10. Karmapa schreibt in seiner Autobiographie jedoch: „Der Sechste Shamarpa sagte dem Tsangpa Desi [Herrscher] jedoch: „Sie haben jetzt genug. Sie sind ein machtvoller Fürst mit so vielen Untertanen, warum greifen Sie weiterhin die kleinen Vögel an?“ 3
Shamarpa lehnte hier eindeutig die Position des Herrschers ab, und weigerte sich wegen dessen militanter Politik sogar, nach dessen Tod die Nachtodrituale durchzuführen.4
Kulle schreibt weiter:
„Dem 10. Shamarpa wurde nachgesagt, im Krieg zwischen Tibet und Nepal Ende des 18. Jahrhunderts die Zentralregierung des Dalai Lama in Lhasa verraten und die nepalesischen Invasoren unterstützt zu haben. Daraufhin verbot der Dalai Lama die Inkarnation des Shamarpa und belegte sie mit einem Bann. (...) Seine politischen Ambitionen und sein ständiger Anspruch auf die Führungsrolle scheinen zu bestätigen, dass es sich hier um die Reinkarnation des lange verbotenen Rebellen handelt.“
Hat sich Herr Kulle sich mit Tibetischer Geschichte befasst? Neue Chinesische und Nepalesische Quellen zeigen, dass die offizielle Geschichtsschreibung der Gelukpa Regierung, die Kulle wiedergibt, nicht den Tatsachen entspricht. Auch hier wäre ein Grundlagenstudium ratsam gewesen, das ich absolvierte, um wenigstens einigermaßen informiert zu sein.
http://tibetische-geschichte.weebly.com/index.html
Die Anschuldigungen werden gemacht um den gegenwärtigen Shamarpa zu diskreditieren und das Verbot der Inthronisierung seiner Wiedergeburten zu legitimieren (Tatsächlich hatte die Zentralregierung Tibets schon nicht erlaubt, den 9. Shamarpa zu inthronisieren.
„Der vorherige 11. Situ Rinpoche hatte den 16. Karmapa gefunden und inthronisiert und war dessen wichtigster Lehrer. “
Richtig wäre zu sagen „einer seiner wichtigsten Lehrer.“ Der 16. Karmapa sagte klar, dass Situpa und Jamgön Kongtrül II seine Wurzellamas, also seine wichtigsten Lehrer waren. Darüber hinaus waren Beru Khyentse II und Bo Gongkar sehr bedeutende Lehrer für ihn. Gefunden wurde er auf Grundlage eines Briefes, den der 15. Karmapa seinem Diener gegeben hatte. Diesen Brief entzifferte Beru Khyentse II , da er codiert war. Situpa hatte einen Traum, der auch auf den Geburtsort Karmapas deutete. Nebenbei sei bemerkt, dass die Gelukpa dominierte Zentralregierung einen anderen Karmapa bestimmte, da der Prophezeiungsbrief lange nicht auffindbar war. Auch als Karmapa XVI. gefunden war, wollten sie die Entscheidung nicht revideieren, und gaben erst dann nach, als ihr Kandidat für den Thron tödlich verunglückte... (Siehe Tulku Ugyen Rinpoche: Blazing Splendor)
Kulle schreibt über die Gyaltsab Rinpoches, einer der Vier „Herzenssöhne“ oder Regenten:
„Seine Vorgänger übernahmen traditionell die Rolle des Regenten, wenn ein Karmapa entweder gerade verstorben oder noch zu jung war.“
Gyaltsab bedeutet im Tibetischen Regent. Das ist richtig. Er war Regent in Tsurphu, wenn Karmapa nicht da war, also nicht zwingend Regent der Linie. Der vorherige Gyaltsab hatte gegen Karmapa geklagt, weswegen er in der Rangordnung der Regenten auf Platz 4, degradiert wurde.
Wieder über Shamarpa schreibt Kulle:
„Da die anderen drei Linienhalter eher spirituellen Aktivitäten zugeneigt waren, führte er die Geschäfte in Rumtek weitgehend eigenständig.“
Das ist eine starke Wertung! Er hatte damals keine eigenen Projekte und nicht mal ein eigenes Kloster. Welchen nicht-spirituellen Aktivitäten war er zugeneigt?
Kulle:
„Nur ein Jahr nach dem Tod des 16. Karmapa und der Einührung der Regentschaft per Rotation verstarb der alte Generalsekretär, der dem Karrnapa schon in Tibet gedient hatte, unter mysteriösen Umständen auf einer Reise in Bhutan.“
Die Umstände waren in keiner Weise mysteriös, wie ich persönlich von seinem Neffen erfuhr. Nur Namgyal, der später selber Generalsekretär wurde, verbreitete diese Gerüchte und unterstellte Topga Rinpoche, ihn ermordet zu haben.
Kulle weiter:
„Seine Nachfolge regelte der Shamarpa ziemlich eigenmächtig und in seinem eigenen Sinne. Als neuen Generalsekretär ernannte er seinen Cousin Topga Rinpoche, ebenfalls ein Neffe des verstorbenen Karmapa.“
Es war der 16. Karmapa selbst, der ihn bereits 1968 zum Nachfolger Damchö Yongdus ernannt hatte.
Kulle schreibt:
„Topga Rinpoche hatte den Zorn des 16. Karrnapa auf sich gezogen, als er die Mönchsroben abgelegt und eine bhutanesische Prinzessin geheiratet hatte. Jahrelang wollte ihn der Karrnapa nicht sehen, bis schließlich die enge spirituelle Verbindung zum bhutanesischen Königshaus den Zwist schlichtete.“
Wer hat ihnen denn das gesagt, selbst Mick Brown sagt in seinem Buch, das sich wie gesagt zu einem großen Teil auf Informationen einer Vertrauten Situpas, Naomi Levine stützt, dass Karmapa ihm bald verziehen habe.
Kulle fährt fort:
„Topga Rinpoche lebte als Geschäftsmann in Bhutan und erfüllte dort hauptsächlich repräsentative Funktionen. Seine hervorragenden Verbindungen zur indischen Regierung und zum politischen Establishment in Delhi vermittelte er weiter an den Shamarpa, der von diesen Verbindungen bis zum heutigen Tage profitiert.“
Übrigens: Topga Rinpoche war ein hervorragender Lehrer, das schreibt Kulle nicht.
Weiter im Text:
„Nach der Ernennung Topga Rinpoches zum Generalsekretär arbeiteten die beiden besonders eng zusammen und gaben die Regentschaft über das Kloster Rumtek nicht mehr ab. Das Rotationsprinzip wurde außer Kraft gesetzt.“
Das Rotationsprinzip wurde außer Kraft gesetzt, nachdem die übrigen drei Herzenssöhne ein Strafverfahren gegen Shamarpa einleiteten, weil er angeblich das KIBI in Delhi an sich reißen wollte. Da die Anklage unhaltbar war, wurde das Verfahren gar nicht erst eröffnet: Das Land auf dem das KIBI errichtet war, war gar keine Schenkung, sondern eindeutig eine Leihgabe an die Karmapas. Shamarpa verlor das Vertrauen in die anderen Rinpoches, sagte er. Shamar Rinpoche fand nach seiner Darstellung mit dem Vorschlag, diese Rotation aufzuheben: Anil Maheshwari, Journalist der Hindu Times:
„Jamgon Kongtrul und Gyaltshab Rinpoches beschlossen (…) die entsprechende Erklärung zu unterzeichnen. Auf diese Weise endete bereits nach wenigen Jahren die Führung der Linie durch die Gruppe.“
Das Rotationsprinzip war nicht die Idee des 16. Karmapa, wohlgemerkt, und traditionell ist ja Shamarpa legitimerweise die Nr. 2 der Linie, das hat auch der hohe Gelukpa Lama Dhagpo Rinpoche klar gemacht – und nebenbei bemerkt auch Karmapa Ugyen Trinle:
„Der Zweite Karmapa, Karma Pakshi, sagte voraus, dass etwa hundert Jahre später er zwei Wiedergeburten haben würde, die die gleiche Verwirklichung und Entsagung hätten, auch wenn man sie als Lehrer und Schüler beschriebe. Der eine von ihnen trage die schwarze, der andere die rote Krone.“5
Nebenbeibemerkt: All die Anschuldigungen gegen den Shamarpa dienen wie gesagt dazu, ihn zu diskreditieren und seine Entscheidung für Thaye Dorje als Karmapa in Frage zu stellen. Seine Handlungen in früheren Inkarnationen habe doch zur Genüge gezeigt, dass seine Handlungen politisch und noch schlimmer, aus Machtgier motiviert seien. Ich werde aus Respekt für die Anhänger SH des Dalai Lama nicht die Worte des Fünften Dalai Lama wiederholen, der zu kriegerischen Handlungen gegen diejenigen aufrief, die in der südtibetischen Provinz Kongpo eine Rebellion gegen die Besetzung seitens der Gelukpas und der Mongolen angezettelt hatten. Die Mongolen hatten eine Politik der verbrannten Erde angewandt und so hatte sich die Wut der betroffenen Bevölkerung in einer Rebellion entladen. Der Hang zu Politik des Dalai Lama – zumal es seine Rolle ist – wird von den Anhängern Karmapa Ugyen Trinles nie in Betracht gezogen...
Kulle:
„Bis dahin hatte jeder Karmapa einen Hinweis hinterlassen, und es stand für die Bereiligtcn
außer Zweifel, dass auch der 16. Karrnapa seine nächste Inkarnation angekündigt hatte.“
Auch das stimmt nicht: Sieben Karmapas hinterließen schriftliche, vier mündliche und die übrigen keine Hinweise auf ihre nächste Geburt. Siehe: Auszug der Rede von Khenpo Tschödrag Rinpoche auf der Internationalen Karma-Kagyü-Konferenz 28. März 1996, Buddhismus Heute Nr. 20, 1996.
1991 hatte Situpa Apo Gaga getroffen. Und nicht erkannt. Das erstaunt Kulle, aber hat er sich überlegt, warum Situpa später behauptet, dass er „Im Jahr 1990 (...) eine wichtige Entdeckung [gemacht habe, nämlich], das Schutzamulett, auf dem „in roter Tinte stand geschrieben, dass der Brief im Jahr des Metallpferdes. also 1991, zu öffnen sei.“ Die Frage sollte man sich stellen, ob Situpa das nicht behauptet, um zu verschleiern, dass er den Brief erst nach dem Zusammentreffen mit Apo Gaga geschrieben hat. Kulle schreibt:
„Er war sich »zu neunzig Prozent sicher, dass der Umschlag den Vorhersagebrief des Karmapa enthielt«." Sagte aber niemand Bescheid. Das scheint Kulle nicht weiter zu erstaunen. Ihn wundert nur, dass Shamarpa niemandem von Thaye Dorje erzählte...
Erst im März des Jahres 1992 präsentierte Situ Rinpoche den drei anderen Linienhaltern bei einem Treffen im Kloster Rumtek den Prophezeiungsbrief, den er 1990 gefunden hatte.
Kulle:
»Als ich ihnen den Brief zeigte, war Gyaltsab Rinpoche sehr glücklich«, sagte Situ Rinpoche im Interview. »Aber Shamar Rinpoche zeigte Zeichen von Unzufriedenheit. Ich war zutiefst schockiert. Das war das erste Mal, dass er sich so verhielt. Aber später, als wir alles besprochen hatten, alle Details, zeigte er weder Widerspruch noch Uneinigkeit.«
Der Shamarpa hatte den Brief als Erster begutachtet und sofort daran Anstoß genommen:
Im Buch heißt es:
„Nach seinen eigenen Darstellungen zweifelte er die Echtheit des Briefes an, weil die Schrift des Briefes nicht der Handschrift des 16. Karmapa ähnelte. Er vermutete eine Fälschung und einen Komplott der drei anderen Linienhalter und ging davon aus, dass man insgeheim schon einen Jungen gefunden habe und diesen Brief nun zur Legitimation missbrauche. Laut seiner Darstellung habe er sofort eine forensische Untersuchung der Handschrift und der Unterschrift geforderr, die von den drei anderen abgelehnt worden seien, weil man in dem Brief die Handschrift des 16. Karmapa er kannt habe.
Diese Auseinandersetzung, von der nur der Shamarpa berichtet, hat die vier aber offenbar nicht davon abgehalten, sich schnell an die Deutung der Zeilen zu begeben, denn die Hinweise waren wie
Nach einem ganzen Tag harter Arbeit kamen alle vier Linienhalter einmütig zur gleichen inhaltlichen Deucung des Briefes.“
Das ist mir gänzlich neu, dass Shamarpa die Zeilen mitgedeutet hat, welche Quelle führt Kulle dafür an? Er nennt sie nicht...
Kulle:
„In den folgenden Tagen begab sich Situ Rinpoche nach Dharamsala, um den Dalai Lama über das Prophezeiungsschreiben zu informieren. Dabei berichtete er Seiner Heiligkeit auch von der Diskussion unter den vier Linienhaltern. die dadurch entstanden war, dass der Shamarpa die Echtheit des Dokuments anzweifelte.“
Meines Wissens entschied der Dalai Lama aufgrund der vorgetäuschten Einigkeit der drei Regenten. (Jamgön Kongtrül war zu diesem Zeitpunkt bereits tot). Wie Kulle richtig schreibt, bestätigte der Dalai Lama Karmapa Ugyen Trinle aufgrund eines Traumes, den er hatte.
Bezüglich des Traums scheint niemandem aufzufallen, dass er auf 50% der Täler in Tibet zutrifft: SH Der Dalai Lama: »Ich hatte eine Art Traum von dem Ort, an dem der Karmapa wiedergeboren würde. Ein Tal, in dem Gestein und Gras aussahen wie im Hochland. Es war nach Süden ausgerichtet, mit kleinen, wunderschönen Flüssen. Das war das wesentliche Bild. Dann war da jemand, der sagte zu mir: Das ist der Ort, an dem der Karrnapa geboren wurde.“
Kulle berichtet von den Ereignissen in Rumtek 1992/1993. Wie wir in der Einleitung gesehen hatte, hätte Jamgön Kongtrül Karmapa suchen sollen, aber er verstarb. Da Situpa und Gyaltsapa die Suche ohne Shamarpas Wissen durchführten, verkündete dieser nun auch öffentlich seine Zweifel an der Authenzität des Vorhersagebriefes, so Kulle:
„Er berichtete der ungläubig staunenden Menge vom Treffen der vier Linienhalter, bei dem Situ Rinpoche den Prophezeiungsbrief vorgelegt habe, und er machte deutlich, dass er von Anfang an Zweifel an dessen Echtheit geäußert habe. Dem verstorbenen Jamgön Rinpoche